Immer wieder haben wir in unserer täglichen Arbeit mit gefälschten Diagnosen in den Patientenakten zu tun. Die Auswirkungen für die Versicherten sind fatal. Gelegentlich fällt dies bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf, wenn für die Gesundheitsprüfung die Patientenakte eingesehen wird. Dies dann aus der Welt zu räumen ist nicht ohne weiteres möglich. In jedem Fall ist die Policierung jedoch gefährdet. Noch schlimmer jedoch, wenn der Betrug erst bei einem Leistungsantrag auffällt. Dann sieht sich der Betroffene mit einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung (VVA) konfrontiert und muss um seine Versicherungsleistung bangen.
Damit aber nicht genug. Kürzliche Berichte vermeldeten auch die Manipulation seitens der Krankenkassen. Diese haben durchaus ein Interesse, dass Ärzte die ein oder andere Diagnose mehr stellen. Und auch die Ärzte verdienen dabei mit. Um dieses Problem erfassen zu können, ist es hilfreich, das System der gesetzlichen Krankenversicherungen näher zu beleuchten. Die Mitgliederstruktur in den Krankenkassen ist sehr unterschiedlich. Manche haben mehr alte, teils chronisch kranke Mitglieder, andere haben mehr junge und gesunde Mitglieder. Um diesen Nachteil auszugleichen, leiten zunächst alle gesetzlichen Krankenkassen alle Versichertenbeiträge weiter an den Gesundheitsfonds. Über den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) erhalten Kassen mit vielen schwer kranken Mitgliedern Zuschläge zu den Grundbeträgen und für gesunde Mitglieder gibt es Abzüge. Bis auf 12 Stellen nach dem Komma werden die Zu- und Abschläge je versicherter Person kalkuliert. Das Bundesversicherungsamt definiert jedes Jahr 80 Krankheiten, über die ein Finanzausgleich berechnet wird. So wird im Jahr 2016 der „Schädliche Gebrauch von Alkohol/Drogen ohne Abhängigkeitssyndrom“ mit monatlich 68,767367026684 € je versicherter Person ausgeglichen. „Depressive Episoden und Störungen“ mit 42,681802437708 €. Die Liste der Zu- und Abschläge ist lang. Und genau hier besteht die Gestaltungsmöglichkeit. Manche Kassen motivieren Ärzte förmlich, mehrere Diagnosen zu stellen. Es soll sogar Unterweisungen für Ärzte geben, welche Diagnoseschlüssel vorteilhaft seien. Und da ist schnell mal der schädliche Gebrauch von Alkohol oder eine depressive Episode attestiert. Diese Vorgehensweise ist nicht nur Betrug am System der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern kann ebenfalls wie die gefälschte Patientenakte Probleme beim Leistungsantrag auf Berufsunfähigkeitsrente bereiten. Daher ist es ratsam, auch die abgerechneten Leistungen bei der Krankenversicherung gelegentlich zu überprüfen. Gem. § 83 SGB X haben Sie sogar einen Anspruch auf Auskunft. Viele Versicherer kommen dieser Auskunftspflicht zuvor und stellen die Informationen in einem passwortgeschützten Mitgliederbereich zur Verfügung. |